Gaststätte „Elstergrund“ abgerissen
Gasthof Elstergrund in Prieschka abgerissen – und was folgt dann?
Die Prieschkaer sehen es mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Nach dem Abriss der alten Mühle am Ortseingang verschwindet nun ein weiteres markantes Gebäude – diesmal in der Ortsmitte. Weshalb das auch neue Perspektiven eröffnet.
Freilich: Jetzt überwiegt die Freude. Mit dem Abriss des Gasthofes Elstergrund im Bad Liebenwerdaer Ortsteil Prieschka verschwindet ein unansehnliches, marode gewordenes Gebäude in der Dorfmitte. Längst sind die Zeiten vorbei, als dort geschwoft, getrunken und gegessen wurde.
Im Jahr 1991 wird der Gasthof, der sich zuletzt im Besitz der Konsumgenossenschaft befindet, geschlossen. Danach verfällt das Objekt. Wie in der Ortschronik nachzulesen ist, richtet Orkan Kyrill im Jahr 2007 erhebliche Schäden am Dach an. Im Herbst 2010 stürzt die Saaldecke ein. Im Jahr 2011 sorgt heftiger Regen dafür, dass weitere Teile des Daches einstürzen. Im April 2013, so ist zu lesen, wird das Objekt an einen Spanier verkauft, der sich aber eher recht als schlecht um den Elstergrund kümmert. Schließlich bricht im Jahr 2018 der Kontakt zum Besitzer ganz ab. Die Stadt Bad Liebenwerda, explizit mit großer Unterstützung von Kämmerer Gerd Engelmann, beantragt deshalb beim Amtsgericht ein Zwangsversteigerungsverfahren. Der rührige Ortsbeirat fragt indes die Bürger, was sie sich an dieser Stelle vorstellen könnten. Der Rücklauf ist dürftig. Die Einwohner haben wohl wenig Hoffnung, dass sich am Objekt noch einmal was dreht.
Errichtung von Eigenheimen nach Abriss des Gasthofes?
Im zweiten Anlauf wird der Elstergrund schließlich an eine Firma aus Schacksdorf bei Finsterwalde versteigert. Das Unternehmen hat nun den Abriss gestartet. Wie Inhaber Steffen Niemann gegenüber der Rundschau erklärt, sei der Müll bereits abgefahren worden. Das Holz solle in der nächsten Woche folgen. Getrennt nach Beton- und Mauerbruch solle ein Brecher wiederverwendbares Material, zum Beispiel für den Wegebau, herstellen. „Das geben wir auch gern an die Gemeinde ab“, sagt er. Und was passiert auf der frei werdenden Fläche? „Ich denke, das ist ideales Land für Eigenheimbauer“, sagt Steffen Niemann, der dabei auch auf die Unterstützung durch die Kommune setzt.
Ortsvorsteher Sandro Lindner sieht den Abriss mit einem weinenden und einem lachenden Auge. „Wir haben schon die alte Mühle am Ortseingang verloren, nun auch noch unsere Gaststätte Elstergrund“, sagt er und fügt an: „Aber ehrlich, der Elstergrund war so marode. Da war nichts mehr zu retten. Das Gebäude war zum jahrzehntelangen Ärgernis geworden.“ Wenn anstelle dessen junge Familien die Flächen zum Bauplatz machen, „das wäre doch wunderbar“, sagt der Ortsvorsteher und hofft auf ein gutes Miteinander mit dem neuen Besitzer und vor allem die zügige Beräumung. „Nicht, dass wir nach einem marode gewordenen Gebäude nun noch lange Zeit einen Bauschuttberg vor der Nase haben.“
Der Elstergrund – ein einst beliebtes Lokal
Freilich, der Elstergrund hat auch viele goldene Jahre erlebt. In der Chronik ist zu lesen, dass sich der Gasthof Elstergrund gegenüber dem 1902 errichteten roten Backsteinbau der ehemaligen Prieschkaer Schule befindet. Bereits 1768 hatte der Landwirt Funke am selben Standort den Gasthof „Zum goldenen Hirsch“ errichtet. Nachdem der Gasthof und weitere Gebäude des Schankgutes 1839 völlig niedergebrannt waren, erfolgte 1841 der Neubau und der Gasthof erhielt seinen heutigen Namen. An der linken Seite des Gasthauses wurde 1929 ein flaches Gebäude angebaut. Ab 1967 war die Gaststätte im Besitz der Konsumgenossenschaft, die dort auch eine Verkaufsstelle einrichtete.
Im Gasthof herrscht einst amüsantes Treiben. 1857 wird vom Scheiben-Schießen mit gezogenen Büchsen und vom Schwein-Auskegeln berichtet. Der rührige Wirt August Neumann habe im Laufe der Jahre auch zum Stollen-Auskegeln, zum Bratwurst-Schmaus, zu Kirmestanz und Pfannkuchen-Schmaus eingeladen. Sogenannte „Guten-Montag-Veranstaltungen“ organisiert er und die lustige Schlittenfahrt von Bad Liebenwerda nach Prieschka im Januar 1861.
Auch spätere Wirte laden zu Fastnachts- und Weihnachtstanz. Ein Tanzsaal wird dafür angebaut. Im Krieg wird 1945 die Gaststätte beschossen, eine Scheune steht in Flammen. Nach dem Krieg wohnen der Chronik zufolge mehrere Aussiedler in der Gastwirtschaft. Später wird die Konsumgenossenschaft Besitzerin. In den Jahren 1985 und 1986 erfolgen die letzten Werterhaltungsmaßnahmen an zwei Wohnungen im Objekt.
Ein Artikel von Frank Klaus
Quelle: Lausitzer Rundschau