Radwege im Alltag

Seit einigen Jahren fahre ich wieder öfter mit dem Fahrrad. Sowohl in Richtung Gröditz zur Arbeit als auch in Richtung Bad Liebenwerda für kleine Erledigungen. Dabei habe ich bei der Benutzung der L59 stets ein ungutes Gefühl. Die Straße ist schmal und kurvig, so dass es bei Überholvorgängen bzw. Gegenverkehr ziemlich eng wird. Dieses Thema habe ich am 10.12.2019 bei einer Ortsbeiratssitzung angesprochen und es wurde von mehreren Einwohnern bestätigt. Ältere Einwohner verzichten deshalb auf das Radfahren.  Deshalb habe ich mich entschlossen dieses Themas anzunehmen. Doch erstmal eine Aussage die mir begegnete:

Radfahren ist gefährlich und außerdem habe ich ein Auto!

Diese Aussage ist zum Teil richtig, aber zu kurz gedacht.
Warum ist sie zum Teil richtig?

Ab Mitte des vorigen Jahrhunderts begann der Boom und damit die einseitige Fokussierung auf den motorisierten Individualverkehr. Städte, Ortschaften und das Verkehrsnetz wurden an Auto, Motorrad und LKW angepasst. Radverkehr, Busse und Züge im Nah- und Fernverkehr wurden systematisch zurückgedrängt. Das hat dazu geführt, dass dem Auto der meiste Platz und die meisten Rechte eingeräumt wurden. Abstellplätze, Vorfahrt, erlaubte Geschwindigkeit und Flächenverbrauch sind einige Stichworte. Der ÖPNV wurde zusammengestrichen, die Bahn kaputtgespart und Radwege nur sporadisch gebaut. Knapp zehn Prozent der Unfälle mit verunglückten Radfahrern geschehen außerorts, jedoch ist das Potential für schwere Unfälle an Außerortsstraßen für Radfahrer deutlich höher als innerorts. Vierzig Prozent aller tödlichen Fahrradunfälle geschehen außerorts.

Warum ist sie zu kurz gedacht?

Demografie: Der demografische Wandel wird Deutschland in den kommenden Jahrzehnten tiefgreifend verändern. Die Bevölkerung wird aufgrund der steigenden Lebenserwartung immer älter, aufgrund der niedrigen Geburtenraten immer weniger. Insbesondere in ländlichen Regionen wächst das Risiko, dass die Bevölkerungszahl sinkt. Mit dem wachsenden Anteil älterer Menschen und der Verringerung der Bevölkerungsdichte in ländlichen Räumen müssen neue Konzepte erarbeitet werden, um die verkehrliche Infrastruktur in ländlichen Regionen zu erhalten und die Erreichbarkeit von Einrichtungen der Daseinsvorsorge sicherzustellen. Insbesondere soll die selbständige Mobilität für ältere Menschen und auch für Personen ohne eigenen Pkw gewährleistet bleiben. Dem Radverkehr kommt dabei gerade in Siedlungsstrukturen ohne Versorgungseinrichtungen für kleinere Einkäufe und Erledigungen eine wachsende Bedeutung zu. Mit der zunehmenden Nutzung von Pedelecs, u. a. auch mit Anhängern oder von Lastenrädern mit elektrischer Unterstützung können darüber hinaus weitere Wege auch zum Einkaufen leichter zurückgelegt werden.

Gesundheit: In Deutschland ist Bewegungsmangel eine der zentralen Ursachen für klassische Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht, Bluthochdruck sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Altersdiabetes. Radfahren leistet vor diesem Hintergrund einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit, indem es die Möglichkeit bietet, ausreichend Bewegung in die Alltagswege zu integrieren. Über die Herz-Kreislauf-Prophylaxe hinaus dient Radfahren der Entwicklung und Erhaltung der Motorik, des Konzentrationsvermögens und des Gleichgewichts- sowie des Orientierungssinns.

Umweltschutz: Die Schadstoffemissionen im Bereich Feinstaub und Stickoxid sind trotz verschärfter Abgasbestimmungen im Verkehrsbereich nicht wie erwartet zurückgegangen und erzeugen mit dem Verkehrslärm erhebliche Gesundheitsrisiken. Ein weiterer Aspekt der sich in den letzten Jahren zeigt, dass es junge Familien und Paare im mittleren und gesetzten Alter in den ländlichen Raum zieht. Die Gründe dafür sind vielfältig. Steigende Mieten, Anonymität, Lärm und andere Umweltbelastungen usw. sind einige davon. Voraussetzungen für einen Zuzug sind neben bezahlbarem Wohnraum, Arbeitsplätzen, intakter Natur, digitaler Infrastruktur auch eine Anbindung mit ÖPNV und Radwegen. Verstärkt wird diese Entwicklung durch die in letzter Zeit stark geförderte Möglichkeit des Homeoffice.

Auf meine Nachfrage bei der Stadt Bad Liebenwerda wurde deutlich, dass die Stadt keine Radwege geplant hat und dass kein Radverkehrskonzept existiert. Das Land Brandenburg fördert ab jetzt den Neubau von Alltags-Radwegen, die Herstellung von Schutzstreifen sowie die Erstellung kommunaler Radverkehrskonzepte mit Fördermitteln in Höhe von bis zu 80 Prozent. Bislang waren Kommunen beim Bau von Alltags-Radwegen auf sich allein gestellt und mussten die Baukosten allein tragen.

Wenn wir in Prieschka in Zukunft ein attraktiver Ort bleiben wollen und neue Einwohner gewinnen wollen ist ein Radweg nach Bad Liebenwerda als Teil eines Radwegenetzes um Bad Liebenwerda unentbehrlich.

Wer sich bei diesem Thema mit einbringen möchte ist willkommen und kann sich gern bei mir in der Würdenhainerstrasse 5 d oder telefonisch unter 10678 melden.

Sven Redslob