25 Jahre Jagdgenossenschaft Prieschka

  1. Vorwort bzw. was ist eine Jagdgenossenschaft?

Mit dem Beitritt der damaligen DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes am 03.10.1990 mußte auch das Jagdrecht der BRD in den ostdeutschen Ländern übernommen werden. Dazu wurde eine Übergangsfrist bis zum 31.03.1992 eingeräumt.

Im Laufe des Jahres 1991 wurden deshalb in den neuen Ländern die Landesjagdgesetze erarbeitet. Daraus ergaben sich natürlich auf dem Weg von oben nach unten auch Aufgaben für die Landkreise (u.a. die Schaffung der unteren Jagdbehörde) und für die Kommunen. Konkret heißt das, die Bürgermeister hatten die Aufgabe die laut Bundesjagdgesetz und dem  speziell für uns geltenden Jagdgesetz für das Land Brandenburg (BbgJagdG), die   vorgeschriebenen Jagdgenossenschaften ins Leben zu rufen. Im §10 BbgJagdG heißt es dazu: Die Jagdgenossenschaft entsteht kraft Gesetzes und ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie untersteht der Aufsicht der unteren Jagdbehörde. Die Jagdgenossenschaft hat eine Satzung und ein Kataster aufzustellen, sowie einen Vorstand zu wählen. Solange die Jagdgenossenschaft keinen Jagdvorstand gewählt hat, werden die Geschäfte des Jagdvorstandes von der Gemeinde/Stadt wahrgenommen.

Alle Grundflächen einer Gemeinde, die nicht zu einem Eigenjagdbezirk gehören, bilden einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken steht die Ausübung des Jagdrechts der Jagdgenossenschaft zu. Die Eigentümer der Grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören, bilden eine Jagdgenossenschaft. Eigentümer von Grundflächen, auf denen die Jagd nicht ausgeübt werden darf, gehören der Jagdgenossenschaft nicht an. Vereinfacht gesagt heißt das: alle Grund- u. Bodeneigentümer einer Gemeinde mit einer bejagbaren Fläche sind kraft Gesetzes Mitglied (Jagdgenosse) in einer Jagdgenossenschaft, deren Interessen der Jagdvorstand vertritt.

2. Die Gründung

  1. Die Gründung

Am 05.03.1992 fand auf Einladung der damaligen Bürgermeisterin von Prieschka, Frau Angermann, eine erste Zusammenkunft von Grund- u. Bodeneigentümern des Ortes, 3 Jägern und einem Vertreter der unteren Jagdbehörde im Feuerwehrdepot von Prieschka statt. Hier wurden erste grobe Erläuterungen zum neuen Jagdrecht gemacht, zu Rechten und Pflichten und dass eine Jagdgenossenschaft gegründet werden muss, in der alle Besitzer von bejagbaren Flächen automatisch Mitglied sind, ob sie wollen oder nicht – und, dass natürlich auch ein Vorstand für die Genossenschaft gebraucht wird. Dazu machte die Bürgermeisterin Personenvorschläge, weil, wie es so üblich ist, sich natürlich niemand freiwillig meldete.

Danach ging es dann Schlag auf Schlag: am 11.03.1992 berieten die vorgeschlagenen Kandidaten die vorgegebene Mustersatzung und die Tagungsordnung für die erste Genossenschaftsversammlung zur Gründung der Jagdgenossenschaft Prieschka. Diese Versammlung fand bereits am 13.03.1992 im Speiseraum des Gutes Prieschka statt. Dort wurden u.a. die Satzung den anwesenden Jagdgenossen vorgestellt, darüber beraten und beschlossen, weiterhin wurde die Vergabe der Jagdpacht erläutert und beschlossen, sowie der Jagdvorstand gewählt. Weitere fünf Tage später, am 18.03.1992 fand eine erste Beratung zwischen dem Jagdpächter Herrn Alexander Osterhuber und dem Vorstand der Jagdgenossenschaft Prieschka statt. Am 30.03.1992 unterzeichnete Herr Osterhuber schließlich die Jagdpachtverträge für 9 Jahre mit der Jagdgenossenschaft Prieschka (480 Hektar)  und gleichzeitig auch mit der Jagdgenossenschaft Reichenhain (520 Hektar).

Ob die Gründungphase rechtlich einwandfrei ablief, sei dahin gestellt, da ja auch gewisse Fristen einzuhalten sind – aber es war der Weg bereitet, dass pünktlich zum 01.04.1992 das erste Jagdjahr nach neuem Recht eröffnet werden konnte.

Jagdgenossenschaft

Dietrich (links), Jagdvorsteher Reichenhain und H. Wendt (rechts), Jagdvorsteher Prieschka bei einer Genossenschaftsversammlung

Zu diesem Zeitpunkt sprach mich Herbert Dietrich, der damalige Vorsitzende der Jagdgenossenschaft Reichenhain erstmals an, dass wir in Zukunft unsere Vorstandssitzungen und Genossenschaftsversammlungen eigentlich doch gemeinsam durchführen könnten, da wir ja den gleichen Jagdpächter haben und somit im Prinzip ein großes Jagdrevier mit 1000 Hektar darstellen.

Der Vorstand von Prieschka stimmte zu und wir wurden sozusagen Partnergenossenschaften. Wir Prieschkaer Jagdgenossen hatten und haben davon eigentlich nur Vorteile. Unter anderem den Vorteil der Nutzung der Reichenhainer Gaststätte, denn in welcher Räumlichkeit mit angeschlossener Küche sollte man in Prieschka eine gemütliche Genossenschaftsversammlung mit bis zu 40 Personen durchführen?

Wir, die Vorstände, sagten uns damals: es ist viel Gemeinsames und Gemütliches, wie z.B. Betriebsvergnügen oder Brigadefeiern, zur Wendezeit weggebrochen. Wir wollen den Mitgliedern der Jagdgenossenschaften aus beiden Dörfern wieder einen Anlass zum Feiern bieten und wenn es auch nur alle zwei Jahre mit einem schönen Jagdvergnügen ist. Diese Genossenschaftsversammlungen in Reichenhain sind immer wieder ein Höhepunkt und ich bin froh, dass wir Prieschkaer uns da mit eingeklinkt haben. Möglich geworden ist es aber vor allem auch durch die Mitglieder der Jagdgenossenschaft Prieschka, weil wir mit einem der ersten Beschlüsse einstimmig dafür stimmten, die Jagdpacht nicht an jeden Einzelnen auszuzahlen, sondern sie zur Finanzierung unserer Genossenschaftsversammlungen zu verwenden. Soweit die Vorgeschichte zur Entstehung unserer Jagdgenossenschaft.

3. Der Vorstand

  1. Der Vorstand

Der Vorstand einer Jagdgenossenschaft sollte sich laut Satzung aus mindestens einem Vorsitzenden (Jagdvorsteher) und zwei Beisitzern zusammensetzen. Wählt man noch jeweils einen Stellvertreter dazu, kann ein Vorstand auch aus sechs Personen bestehen. Diese Personen müssen Mitglied der Jagdgenossenschaft sein, also Grund- u. Boden besitzen oder Bevollmächtigte eines Grund- u. Bodeneigentümers sein.

Des weiteren zählen zum erweiterten Vorstand noch jeweils ein Kassenwart und ein Schriftführer, diese beiden brauchen nicht zwingend Mitglied der Jagdgenossenschaft zu sein.

Unser erster Jagdvorstand, gewählt am 13.03.1992 für vier Jahre, setzte sich wie folgt zusammen:

Vorsitzender: Hubert Wendt
Beisitzer: Joachim Schmidt
Beisitzer: Horst Bielagk (Bevollm. des Herrn Osterhuber)
Kassenwart: Heidrun Purath
Schriftführer: Manfred Lindner

Dieser Vorstand blieb bis 1998 so zusammen, ab dann kam es zu ersten Veränderungen.

Zuerst schied der Schriftführer Manfred Lindner aus Altersgründen aus, diese Funktion übernahm Hubert Wendt mit. Im Jahre 2002 schied der Beisitzer Horst Bielagk aus, dafür kam – wiederum als Bevollmächtigter – Werner Hildebrandt dazu. 2004 wechselte die Funktion des Kassenwartes von Heidrun Purath zu Gerald Naumann. Die vorläufig letzte Veränderung fand im Jahre 2016 statt, für den Beisitzer Werner Hildebrandt wurde sein Sohn Sven als Bevollmächtigter in den Vorstand gewählt. Zur Zeit sieht unser Vorstand also folgendermaßen aus, gewählt bis März 2020:

Vorsitzender und Schriftführer: Hubert Wendt
Beisitzer: Joachim Schmidt
Beisitzer: Sven Hildebrandt
Kassenwart: Gerald Naumann

Zum „Urgestein“ nach 25 Jahren zählen also nur noch Joachim Schmidt (70) und Hubert Wendt (63).

Zu den Aufgaben des Jagdvorstandes gehört u.a. die satzungsgemäße Durchführung von Vorstandssitzungen und Genossenschaftsversammlungen. Insgesamt führten wir von der Gründung bis heute 58 Vorstandssitzungen und 14 Genossenschaftsversammlungen durch. Dazu gehören aber auch eine ganze Menge an schriftlichen Vor- u. Nachbereitungsarbeiten, wie Einladungen, Teilnehmerverzeichnisse, Kassenberichte, Haushaltsplanaufstellungen, regelmäßige Rechenschaftsberichte des Vorstandes an die Mitglieder, Dokumentation von Wahlen und Beschlüssen und natürlich von jeder Zusammenkunft ein zeitnahes Protokoll an die untere Jagdbehörde. Eine weitere Aufgabe einer Jagdgenossenschaft ist das Führen eines stets aktuellen Jagdkatasters, um überhaupt erstmal zu wissen, wieviel Mitglieder es gibt und welche Flächen vertreten sie. Dies ist u.a. wichtig für die Feststellung der Beschlussfähigkeit bei Versammlungen. Anlässlich der Gründung der Jagdgenossenschaft 1992 bekam ich von der Gemeinde Prieschka ein Kataster, das damals schon lange nicht mehr aktuell war, aber es bot eine gewisse Richtlinie um eigene Recherchen im Dorf durchzuführen. Zum Glück war es in den 90er Jahren unproblematisch beim Katasteramt des Landkreises große Flurkarten und ein Eigentümerverzeichnis zu bekommen, heute ist dies nur noch mit großem finanziellen Aufwand möglich – aber es ist möglich. Es wird dort auch nicht die Ausrede vom Datenschutz verwendet, wie es andere Institutionen (Stadtverwaltung) gern tun. Es kann ja nicht sein, dass über die gleiche Sache bei einer Behörde Datenschutz herrscht und bei der anderen nicht, zumal es jetzt Software, speziell für Jagdgenossenschaften, die mit dem Katasteramt und dem Grundbuchamt vernetzt ist, zu kaufen gibt. Natürlich zu einem entsprechenden Preis.

Laut Satzung sollen ja die Mitglieder (Jagdgenossen) selbst jeden Eigentumswechsel (Kauf, Verkauf, Vererben usw.) dem Jagdvorstand mitteilen, aber das ist illusorisch, das macht keiner und das ist auch zu verstehen.

Die bejagbare Fläche unserer Jagdgenossenschaft beträgt 452 Hektar, unterteilt in 351 ha landwirtschaftliche Fläche und Wege, 85 ha Wald und 16 ha Wasser. Zirka 60 Eigentümer (Jagdgenossen) sind diesen Flächen zugeordnet, darunter der Bund, das Land Brandenburg, die Stadt Bad Liebenwerda, 2 Betriebe und eine Rubrik „nicht ermittelte Eigentümer“. Ein Kuriosum ist der kleinste Jagdgenosse mit ganzen 5 m², dies ist die envia Energie AG mit der Fläche des abgerissenen Trafohäuschens.

Ein weiterer wichtiger Punkt der Arbeit unseres Jagdvorstandes ist die Kommunikation mit den Mitgliedern, dem Jagdpächter, dem/die eingesetzten Jäger, der unteren Jagdbehörde, Forstämtern, BVVG und der Stadt Bad Liebenwerda.

Ansonsten lief die ehrenamtliche Tätigkeit des Vorstandes unserer Jagdgenossenschaft reibungslos, bis auf einen kleinen „Bruch“ im Jahre 2000. Da stellte nach fast sieben Jahren jemand fest, dass es die Jagdgenossenschaften der Ortsteile von Bad Liebenwerda gar nicht geben dürfte, sondern nach der Eingemeindung 1993 nur die Groß-Jagdgenossenschaft Bad Liebenwerda. Nach mehreren Besprechungen und Versammlungen reichte die Jagdgenossenschaft Prieschka den Beschluss aus der Groß-Jagdgenossenschaft Bad Liebenwerda auszutreten, bei der unteren Jagdbehörde ein und wir erhielten daraufhin am 28.09.2000 einen Bescheid. Darin hieß es, dass die Teilung der Groß-Jagdgenossenschaft in mehrere Jagdgenossenschaften der Ortsteile zugelassen wird und diese dadurch als aufgelöst zu betrachten ist. Gleichzeitig sind daraus die Ortsteil-Jagdgenossenschaften entstanden, die aber alle durch die Auflösung keinen Vorstand und keine gültige Satzung mehr haben und sich nun in konstituierenden Sitzungen neu zu formieren haben. Zu diesen Sitzungen hätte die Stadtverwaltung als amtierender Notvorstand einladen müssen. Dies geschah dann auch am 27.10.2000 durch das Ordnungsamt, allerdings erst nach einer Aufforderung dazu von mir. Vier Wochen später, am 27.11.2000, fand dann zum zweiten mal die Gründung der Jagdgenossenschaft Prieschka statt, diesmal im Feuerwehrdepot Prieschka. Von der Stadt als Einladende erschien leider niemand, so dass wir keinen Versammlungsleiter hatten und auch wieder nach hause hätten gehen können. Was wir aber nicht taten, sondern uns praktisch selbst gründeten, d.h. wir wählten einen Vorstand, beschlossen eine neue Satzung und beschlossen die alten Beschlüsse noch mal neu. Wenn ich daran denke, habe ich heute noch ein wenig Bauchschmerzen.

Dafür, dass die Vorstandsmitglieder alle Laien auf dem Gebiet der Jagd waren, haben wir unserer Ansicht nach die 25 Jahre Jagdgenossenschaft Prieschka mit besten Wissen und Gewissen, gut gemeistert. Natürlich auch mit Unterstützung der unteren Jagdbehörde des Landkreises EE.

Ein kleiner Wermutstropfen am Ende: es fehlt an willigen Jagdgenossen für die Mitarbeit im Jagdvorstand. Wir fahren auf Kante mit vier Vorstandsmitgliedern, unsere  Partnergenossenschaft Reichenhain hat nur drei. Deshalb spielten wir schon mal den Gedanken durch, zu fusionieren, weil wir ja den gleichen Jagdpächter haben. Letztendlich verwarfen wir die Idee wieder und warten ab.

4. Der Jagdpächter

  1. Der Jagdpächter

Wie schon erwähnt, ist seit dem 01.04.1992 bis jetzt Alexander Osterhuber unser Jagdpächter. Er ist ein landwirtschaftlicher Unternehmer aus Eurasburg (Bayern) und seit 1991 auch Besitzer des ehemaligen VEG Prieschka, welches 1990/91 von der Treuhand an den Alteigentümer Herrn Volk zurückgegeben wurde, von dem es dann Herr Osterhuber käuflich erwarb.

Ein Jagdpächter wie Herr Osterhuber (73) , der auch gleichzeitig der einzige landw. Unternehmer im Ort ist, ist für eine Jagdgenossenschaft natürlich ein Glücksfall in Bezug auf Wildschäden. Zur Erläuterung dazu sei gesagt, dass die Jagdgenossenschaft die Jagdausübungsberechtigte ist und die Jagd an einen Jäger verpachtet, der u. a. dafür zu sorgen hat, dass das Wild in den landwirtschaftlichen Kulturen so wenig wie möglich Schaden anrichtet. Da in Prieschka aber die landwirtschaftliche Nutzung in den Händen des Jagdpächters liegt, ist Wildschaden praktisch egal, weil es sein eigener Schaden ist und der ist laut Jagdpachtvertrag vom Pächter zu regulieren.

Herr Osterhuber achtete immer darauf, einheimische Jäger mit jagen zu lassen bzw. diese auch als Jagdaufseher einzusetzen, da er selbst nur wenige Tage im Jahr anwesend ist.

Es waren und sind folgende Herren:

1992 – 1998 Manfred Lindner und Alfred Eilenberg
1992 – 2004 Siegfried Jahnke
2000 – 2005 Bodo Mittag
2005 – jetzt Eberhard Graeff als Jagdaufseher und bei Bedarf Ronny Zehmisch

An dieser Stelle möchte ich mich bei den genannten Jägern ganz herzlich für die geleistete Arbeit, denn Jagen ist nicht nur Vergnügen, bedanken.

Und wenn es gelegentlich zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Jägern und Jagdpächter kam, so war das nie eine Angelegenheit für den Genossenschaftsvorstand.

Im Namen aller Jagdgenossen bedanke ich mich natürlich auch bei unserem Jagdpächter, Herrn Osterhuber, für sein Arrangement in der Genossenschaft und im Revier. Für die Jagd hat er immer ein offenes Ohr und hilft, wo er kann. Es gab nie ein Zögern, z. B. wenn der Vorstand mit der Bitte um Sponsoring (Rind, Schwein, Pute) zum Essen für alle bei den Genossenschaftsversammlungen oder auch bei mancher Vorstandssitzung, an ihn herantrat.

Hubert Wendt
Vors. d. JG Prieschka